Restaurierung einer Rokoko-Konsole 1740–1750)
In unserer Restaurierungswerkstatt in Berlin wurde eine Rokoko-Konsole aus der Zeit um 1740–1750 restauriert. Das Möbel wurde mir von einem privaten Sammler anvertraut und wird einem Entwurf von Johann Michael oder Johann Christian Hoppenhaupt zugeschrieben. Ursprünglich vergoldet, später vollständig versilbert, zeigte das Möbel erhebliche Alterungsspuren: stark oxidiertes Blattsilber, teils verlorene Oberflächen sowie freiliegendes rötliches Poliment der ersten Vergoldung. Ziel war es, die Konsole in ihrer historischen Wirkung zu bewahren und zugleich strukturell zu sichern.
Umfangreiche Untersuchung durch mikroskopische Analysen
Zum Anfang der Arbeiten wurden mikroinvasive Proben entnommen, in Kunstharz eingebettet, geschliffen und unter UV-A-Licht mikroskopisch untersucht. Diese Analysen lieferten wichtige Erkenntnisse über die historische Schichtenabfolge. Mikrochemische Analysen führten zu einer Einordnung der Materialien. Lösemitteltest dienten der Regenerierung partieller Lackbereiche.
Reinigung und Festigung
Nach einem ausgearbeiteten Restaurierungskonzept und einer umfangreichen Untersuchung der Fassung, erfolgte die differenzierte Reinigung der Oberfläche mit feinen Pinseln sowie Wattestäbchen in den Höhen und Tiefen der Ornamentik. Anschließend wurden 23 gelöste Bereiche im Kreidegrund lokalisiert, mit warmem Hausenblasenleim unterführt und mit moderatem Druck niedergelegt. So konnten fragile Partien wieder stabilisiert werden.
Ergänzung fehlender Zierelemente
Mehrere ornamental geprägte Zierelemente mussten ergänzt werden.
Abformung erhaltener Originalteile mit Silikonmasse
Herstellung von Kreideabgüssen mit Drückermasse
Einpassen, Nachmodellieren und Anpassung an den Bestand
Auftrag von Absperrmitteln (Lösche) sowie schwarzem Bolus als Untergrund für die neue Fassung
Probetafeln und Materialtests
Zur Ermittlung optimaler Reaktions- und Patinierungseigenschaften wurden zwei Probetafeln angelegt. Auf Bolus und Blattsilber erfolgte das Testen verschiedener Patinierungen, unter anderem mit Kaliumsulfid. Nach Applikation und Prüfung an einem ausgewählten Bereich wurde das Verfahren gemeinsam mit dem Auftraggeber abgestimmt.
Teilversilberung und Oberflächenbehandlung
Die Teilversilberung erfolgte ausschließlich auf Fehlstellen und stark angelaufenen Bereichen:
Vorbereitung und Glätten des Untergrundes
Prüfung und Anlegen auf Altbolus mit Anlegemittel
Anschießen von neuem Blattsilber
partielles Achatpolieren für Glanz und Tiefe
Besonders wichtig war die Simulation von Krakelee-Effekten, die im Bolus angelegt wurden, um die Alterung des Silbers authentisch nachzuahmen.
Patinierung und Retusche
Um die Oberfläche harmonisch in den Bestand einzubinden, wurde eine kombinierte Patinierung aufgetragen – chemisch und flüssig. Dadurch ließen sich Höhen und Tiefen differenzieren und der plastische Charakter der Konsole betonen.
Auftrag des ausgewählten Patinarezepts
zusätzliche optische Patina an relevanten Stellen
partielle Abnahme an Hochpunkten zur Betonung der Plastizität
Die Rissschließungen wurden mit Hausenblasenleim-Kreidegrundmasse verfüllt und anschließend durch eine präzise Retusche dem Silberbild nachempfunden.
Zum Abschluss erfolgte eine Feinretusche sowie eine Versiegelung des Silbers, damit wird die Oberfläche dauerhaft geschützt und die Oxidation des Silbers eingeschränkt.
Restaurierung in Berlin und Potsdam
Dieses Projekt verdeutlicht die Vielschichtigkeit der Möbelrestaurierung: von der Versilberung und Vergoldung in Potsdam und Berlin über Holzrestaurierung bis hin zu aufwendigen Materialanalysen und Patinierungen. In unserer Werkstatt verbinden wir Denkmalpflege, naturwissenschaftliche Untersuchung und traditionelles Handwerk – immer mit dem Ziel, Substanz zu bewahren und Geschichte sichtbar zu machen
Friderizianische Möbel in Berlin und Potsdam
Der Begriff „Friderizianische Möbel“ bezeichnet keinen eigenständigen Stilbegriff wie Louis XV. oder Louis XVI., sondern beschreibt vielmehr das Gesamtkunstwerk aus Architektur und Ausstattung der Schlösser in Berlin und Potsdam. Auch an den Höfen in Anhalt, Bayreuth, Ansbach, in Schweden sowie beim preußischen Adel finden sich Möbel, die diesem Typus zugeordnet werden können.
Charakteristisch ist, dass diese höfischen Rokoko-Möbel stets raumgebunden waren: Sie wurden gezielt auf die Ausstattung der Räume mit Wandverkleidungen, Fußböden und Dekorationen abgestimmt. Entwürfe stammten häufig von Architekten oder Raumausstattern, die Ausführung erfolgte durch spezialisierte Handwerker wie Zierratenbildhauer, Ebenisten und Tischler. So entstand für jedes Zimmer eine einzigartige Gesamtwirkung.
Stilistisch orientierte sich Friedrich II. am französischen Rokoko, doch erhielten die Möbel durch norddeutsche Meister ihre eigene Note. Der König ließ vergleichsweise wenig in Frankreich fertigen; der überwiegende Teil der Ausstattung in Sanssouci, dem Neuen Palais oder im Schloss Charlottenburg wurde in Berliner und Potsdamer Werkstätten geschaffen. Seine besondere Vorliebe galt versilberten Möbeln.
Für den musikalischen König Friedrich II. (1712–1786), den „Alten Fritz“, entstanden zahlreiche Flügel und reich verzierte Notenpulte. Kleiderschränke hingegen wurden kaum benötigt, da für Gewänder separate Schrankzimmer vorgesehen waren. Die Kommode besaß damals den Status eines eigenständigen Möbelstücks: Ihre Fronten waren oft konvex geschwungen und reich mit Intarsien aus Holz, Elfenbein, Perlmutt, gefärbtem Horn oder Schildpatt verziert – in Anlehnung an die berühmten Arbeiten von André-Charles Boulle.
Die Ornamentik der friderizianischen Möbel tendiert zum Naturalismus: Rocaillen, Blumen, Zweige und Tierdarstellungen bestimmen die Gestaltung. Bei Konsoltischen und Stühlen wurde meist Linde als Konstruktionsholz verwendet, für Kommoden Eiche und für Schreibtische eine Kombination aus Kiefer und Eiche. Veredelt wurden diese Möbel durch aufwendige Bronzeapplikationen, häufig feuervergoldet oder versilbert.
Heute gehören friderizianische Möbel zu den wichtigsten Zeugnissen der preußischen Rokoko-Kultur. Ihre Restaurierung erfordert höchste Präzision in der Möbelrestaurierung – von der Festigung empfindlicher Oberflächen über Vergoldungen und Versilberungen bis hin zu umfassender Holzrestaurierung. In unserer Restaurierungswerkstatt in Berlin und Potsdam widmen wir uns diesen einzigartigen Objekten mit Respekt vor ihrer Geschichte und einem besonderen Blick für Detail und Authentizität.